Sie wurden von der Polizei zur Einvernahme vorgeladen oder haben Post von der Staatsanwaltschaft erhalten? Dann erstmal keine Panik! Folgender Leitfaden informiert Sie über die wichtigsten Rechte.

Rollenverteilung

Als „Verdächtiger“ im strafrechtlichen Sinn gilt jemand, gegen den wegen eines Anfangsverdachtes ermittelt wird, der also nach Ansicht der Behörde möglicherweise mit einem strafbaren Sachverhalt in Verbindung steht. In dieser Phase besteht eine vage Verdachtslage, die erst einer Konkretisierung bedarf.

Gegenüber einem „Beschuldigten“ werden bereits Ermittlungen (wie beispielsweise Zeugeneinvernahmen, Erhebungen etc.) wegen eines konkreten Verdachts der Begehung bzw. Beteiligung an einer Straftat geführt.

Verdächtigen und Beschuldigten kommen in weiten Teilen dieselben Rechte zu.

Eine Person wird als „Angeklagter“ geführt, wenn die Ermittlungen bereits abgeschlossen sind und die Staatsanwaltschaft bei Gericht Anklage oder Strafantrag erhoben hat. Ohne polizeilicher Einvernahme wird es jedoch nicht zur Anklage kommen, weshalb auf diesen Begriff nicht näher einzugehen ist.

Meine Rechte als Beschuldigter

Verdächtigen bzw. Beschuldigten kommen umfangreiche Rechte zu. Im Wesentlichen handelt es sich um das Recht,

  • vom Gegenstand des bestehenden Verdachts sowie über wesentliche Rechte informiert zu werden: dies geschieht üblicherweise vor Beginn der polizeilichen Einvernahme durch den einvernehmenden Beamten
  • einen Verteidiger zu wählen bzw. einen Verfahrenshilfeverteidiger zu erhalten: Sie haben das Recht, zur Vernehmung einen Verteidiger beizuziehen und sich mit diesem unter vier Augen zu besprechen. Nachts oder am Wochenende kann man sich hierzu an den anwaltlichen Journal-Dienst (Bereitschaftsdienst) wenden.
  • Akteneinsicht zu nehmen: Verlangen Sie im Anschluss an die Einvernahme zumindest nach einer Kopie des Einvernahme-Protokolls.
  • die Aufnahme von Beweisen zu beantragen bzw. Beweise (Zeugen, Schriftstücke, EDV-Dateien etc.) anzubieten
  • sich zum Vorwurf zu äußern bzw. die Aussage zu verweigern: Es empfiehlt sich, seine Aussage erst nach Konsultation eines Anwalts zu tätigen.
  • eine Übersetzungshilfe (Dolmetsch) beizuziehen
  • Rechtsmittel zu erheben: dies betrifft vor allem Zwangsmittel (Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmen, Festnahme) und die Verletzung eines der hier aufgezählten subjektiven Beschuldigtenrechte

Meine Rechte als Opfer/Zeuge

Haben Sie selbst durch die von einer anderen Person begangene Straftat einen Schaden erlitten, etwa weil Sie verletzt wurden oder Ihr Eigentum beschädigt wurde, besteht zunächst die Möglichkeit, Anzeige zu erstatten. Als Opfer haben Sie im Wesentlichen Anspruch auf

  • Information über Ihre Rechte,
  • Beiziehung eines Rechtsanwalts
  • Übersetzungshilfe (Dolmetsch)
  • Akteneinsicht
  • in bestimmten Fällen auf juristische und psychosoziale Prozessbegleitung
  • sowie darauf, sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter anzuschließen, um Schadenersatz bzw. Schmerzengeld geltend zu machen

Zeuge

Möglicherweise werden Sie auch bloß als Zeuge einvernommen. Als solcher haben Sie die Pflicht, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Ansonsten können Sie sich strafbar machen. Um nicht Angehörige einer Straftat belasten zu müssen, kommt Ihnen in manchen Fällen ein Aussageverweigerungsrecht zu. Lassen Sie sich am besten eine Kopie Ihrer Zeugenvernehmung aushändigen. Sie haben auch das Recht, eine Vertrauensperson beizuziehen. Schließlich steht Ihnen auch ein Anspruch auf Ersatz Ihrer Aufwendungen zu (zB Fahrtkosten in Form eines Bahntickets).

Abschließende wichtige Hinweise

  • Lassen Sie sich über den Grund der Einvernahme sowie über Ihre Rechte informieren!
  • Häufig besteht die Möglichkeit, den Termin einer Einvernahme zu verschieben, um sich beispielsweise vorab rechtlich beraten zu lassen. Machen Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch!
  • Verweigern Sie im Zweifel die Aussage (allenfalls auch zu einzelnen Fragen), denn dies ist Ihr gutes Recht! Ergänzende Angaben sind leichter möglich als spätere Änderungen bereits getätigter Aussagen.
  • Lesen Sie sich das Protokoll der Einvernahme genau durch, bevor Sie es unterschreiben! Sie können auch Ausbesserungen und Ergänzungen vornehmen bzw. Missverständnisse ausräumen.
  • Kontaktieren Sie im Zweifel Ihren Vertrauensanwalt!

 

Für Rückfragen: Mag. René Kain 

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